Wo sind die Frauen?
Ein Aufruf zur Diversität!
Frauen können nicht programmieren. Männer sind schlechte Hebammen. Überholte Klischees? Das dachten wir auch! Doch selbst in Zeiten des IT-Fachkräftemangels gelten beim Recruiting noch Regeln, die aus der Steinzeit zu stammen scheinen.
55.000 IT-Stellen bleiben jährlich unbesetzt. Das geht aus einer repräsentativen Studie des Bundesverbandes für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) hervor. Last Call for Recruiter sich nach geeigneten Fachkräften umzuschauen. Doch scheinen viele Personaler nicht zu wissen, wie sie nachhaltig und erfolgreich rekrutieren und Mitarbeiter/innen für die Zukunft aufstellen. Denn vom erklärten Ziel, einer Versechsfachung alleine des Frauenanteils, ist die Industrie bisher weit entfernt. Doch wo sind die Frauen und warum sind viele Unternehmen „grau” anstatt vielfältig „bunt”?
ChancenUNgleichheit
Bei einem genauen Blick auf die Digitalbranche fällt auf, dass zwischen dem Digitalisierungsgrad und der Anzahl der dort beschäftigten Frauen kein signifikanter Zusammenhang besteht. Dies stellt das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung – kurz Kofa – in der aktuell erschienen Studie „Chancengleichheit und Digitalisierung” vor.
Doch der Scheint trügt! Gleichheit herrscht nur auf den ersten Blick. Denn schon bei genauerem Betrachten der Statistik fällt auf, dass je höher der Digitalisierungsindex um so geringer der Frauenanteil bei den gut bezahlten Jobs. Spannend wird es besonders bei den Top-5-Digitalbanchen. Hier arbeiten Frauen und Männer in unterschiedlichen Berufen. Je geringer das Gehalt, umso häufiger werden die Tätigkeiten von Frauen ausgeführt.
IT-Berufe bedeuten Zukunft
Der Einfluss von IT-Berufen auf die Digitalisierung ist enorm. Entsprechend hoch ist die Bedeutung der Diversität bei IT-Fachkräften für den zukünftigen Arbeitsmarkt – und damit auch für alle Unternehmen und Branchen. Denn die Informations- und Kommunikationstechnologien sind, laut Kofa, die Schlüsseltechnologien der Digitalisierung.
Die Recruiter stehen damit vor zwei Herausforderungen: Ersten müssen neue Entwickler, Software-Architekten oder auch Scrum Master rekrutiert werden, die es “scheinbar” nicht gibt. Der Markt ist hart umkämpft – wenn nicht je nach Region sogar leer. Im Suchraster vieler Unternehmen stehen deswegen nicht nur Frauen, sondern auch ausländische, ältere oder behinderte Mitarbeiter. Doch alleine der Wunsch nach Vielfalt genügt nicht, um verschiedene Interessengruppen anzusprechen und auch von den Vorteilen der Vielfalt zu profitieren.
Denn Herausforderung Nummer zwei für Recruiter ist es, diese neue Interessengruppen für ein Feld zu begeistern, was bisher nicht ihr “Spielfeld” war.
„Wir brauchen ein gezieltes digitales Empowerment von Mädchen und Frauen entlang der gesamten Bildungskette.“
Gender und Digitalisierung
Vor diesem Hintergrund ist besonders die gezielte Ansprache von Frauen wichtig, da aktuell in den Unternehmen ein enormes Ungleichgewicht diesbezüglich vorherrscht. Die Initiative D21 und das Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit sprechen in ihrer aktuellen Studie hier sogar von dem sogenannten „Digital Gender Gap“. Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Digitalisierungsgrad aber auch in der Arbeitswelt hinsichtlich technischer Ausstattung und Möglichkeiten zum flexiblen Arbeiten sind nach wie vor extrem. Frauen sind besonders bei digitalen Kenntnissen und Fähigkeiten im Rückstand. Ungleichheiten im Gebrauch digitaler Geräte im Arbeitsleben herrscht zudem vor. Die Vorsitzende des Kompetenzzentrums, Frau Prof. Barbara Schwarze, fordert deshalb „ein gezieltes digitales Empowerment von Mädchen und Frauen entlang der gesamten Bildungskette“.
Lebenslanges Lernen
Die Ausbildung können Personaler nicht beeinflussen, wohl aber die Weiterbildung. Denn zentrale Voraussetzungen für Chancengleichheit im digitalen Wandel ist, dass Frauen und Männer gleichberechtigt in neue digitale Entwicklungen einbezogen werden und dass sie ihre digitalen Kompetenzen kontinuierlich weiterentwickeln. Und besonders in digitalen Berufen hat die Weiterbildung einen signifikanten Einfluss. Neue Releases, innovative Produkte, schnelle Technik … alles ist immer im Fluss.
Das bedeutet für Personaler der Zukunft definitiv interne wie externe Weiterbildungen einzubeziehen. Es gilt dabei zudem gezielt weibliche Talente zu finden und diese über verschiedene Lebensphasen hinweg weiterzuentwickeln.
Wenn Personaler zudem beim Recruiting offen für alternative Ausbildungen und „bunte” Lebensläufe sind, dann bringt das auch „bunte” Teams – und damit Wachstum für alle auf allen Ebenen. Denn die Zusammenarbeit von erfahrenen wie jungen, von männlichen wie weiblichen Kollegen mit verschiedenen kulturellen Hintergründen verbessert die Arbeitsresultate. Wer also auf Diversität setzt, der handelt nicht nur sozial verantwortlich, sondern profitiert auch wirtschaftlich.