Wie verstehst du den Begriff Diversität in Bezug auf die IT-Branche?
Diversität fängt mit der vielfältigen Zusammenstellung von Teams an. Damit starten traditionell monokulturelle Unternehmen eine disruptive Veränderung. In der IT-Branche ist das Motiv dabei oft die Bekämpfung des Fachkräftemangels und das sehe ich als große Chance für Frauen.
Hast Du deshalb vor zwei Jahren das Karrierenetzwerk “net4tec” für Frauen gegründet, welches die Vielfalt gezielt im Digital Business fördern will?
Ich habe lange überlegt, ob die Welt noch ein Netzwerk braucht. Das Projekt lag über einem Jahr in meiner Schublade. Als gebürtige Spanierin, Mutter, Generation X, Unternehmerin und Führungskraft in international tätigen Unternehmen kenne ich beide Seiten – die des Unternehmers und Mitarbeiters. Zudem habe ich immer wieder Frauen erlebt, die das Potenzial hätten, Großes beruflich (wie privat) zu erreichen, doch nicht gefördert wurden. Letztlich mussten sie sich immer entscheiden. Das finde ich furchtbar und zugleich liegt so viel Potenzial brach. Zumal es gerade im MINT-Bereich und Digital Business einen so hohen Bedarf gibt.
„Die Chancen für Frauen waren nie so vielseitig wie heute. Zudem ist lebenslanges Lernen die neue Haltung. Die Technologie und digitalen Branchen sind damit eine perfekte Option für alle – auch für Fraeun.“
Wofür steht die Abkürzung “net4tec”?
… für “Netzwerk für Technik”. Dahinter verbirgt sich unser Fokus auf das technische und digitale Umfeld sowie die MINT-Berufe.
Brauchen Frauen mehr Unterstützung, um für ihre Rechte, Karrieren und finanzielle Entlohnung einzutreten?
Aus meiner Erfahrung sind Frauen oft die “Streber” in Schule und Studium. Dennoch machen die Männer häufiger Karriere. Warum? Viele Frauen glauben, dass eine Führungsrolle nur schwer erreichbar ist. Oft sind sie zu perfektionistisch und positionieren sich nicht ausreichend. Aber auch Unternehmen speziell im technischen und IT-Umfeld tun sich schwer, Frauen für sich zu gewinnen, sie zu halten, zu entwickeln und tatsächlich in allen Belangen gleich zu behandeln.
Warum ist dabei der Fokus auf Technologie und Digitalisierung aus deiner Sicht so wichtig?
Weil in diesem Bereich der größte Bedarf und auch das größte Potential liegen. Unternehmen in den technologischen Arbeitsfeldern und im digitalen Business sind eine Monokultur: „white, pale man“. Doch gerade in diesen Bereichen zählt „Power of Diversity“. Auch um international mithalten zu können. Um die Herausforderung der Digitalisierung zu meistern, brauchen Unternehmen vielseitige, agile Teams.
Du warst selbst jahrelang bei internationalen Unternehmen für das Marketing und den Vertrieb verantwortlich und hast dabei große multikulturelle Teams geleitet. Heute unterstützt du renommierte Firmen bei der Rekrutierung ihrer Mitarbeiter und Entwicklung deren Organisationen hinzu Innovation sowie Agilität. Wie beurteilst du vor diesem Hintergrund die Rolle der Frauen in der IT-Branche?
Die Chancen für Frauen waren nie so vielseitig wie heute. Denn die Digitalisierung stellt die Arbeitswelt auf den Kopf: Strukturen, Prozesse und Arbeitsplätze verändern sich. In den kommenden zwanzig Jahren wird nach Schätzungen von Oxford-Wissenschaftlern jeder zweite Job durch die Automatisierung verschwinden. Neue Jobs entstehen besonders in den MINT-Bereichen. Lebenslanges Lernen ist die neue Haltung. Die Technologie und digitalen Branchen sind damit eine perfekte Option für alle. Weil der Bereich so neu sowie dynamisch ist, lebt er von und durch Vielfalt.
Digitales Know-how ist aktuell sehr gefragt. Zudem verspricht die Branche eine lukrative Zukunft für Arbeitnehmer. Trotzdem sind Frauen in digitalen Bereichen nach wie vor Mangelware. Woran liegt das deiner Meinung nach und welchen Beitrag möchte “net4tec” diesbezüglich leisten?
Meiner Meinung nach liegt das an den fest verankerten Klischees und an unzureichenden Informationen über die MINT-Berufsbilder sowie Karrieremöglichkeiten.